Le Sacre du printemps

K15 · “Die Frühlingsweihe”

Ein Werk von enormer körperlicher Kraft, das das Publikum auch heute noch begeistern kann, ist Igor Strawinskys drittes Ballett, „Die Frühlingsweihe“. Bei seiner Uraufführung 1913 sorgte es bekanntlich für einen Skandal. Das Stück, in dem es um heidnische Rituale im archaischen Russland geht, erfordert eines der größten Orchester für ein Ballett, darunter vierfache Holzbläser und eine große Bläser- und Schlagwerksektion, Letztere mit fünf Pauken, Crotales und einem Güiro. Das Premierenpublikum war empört über die Musik mit ihren unerhörten Dissonanzen, die oft perkussiv eingesetzt werden und durch Strawinskys kühne und äußerst wirkungsvolle Orchestrierung besonders heftig wirken. Der eigentliche Auslöser für den Aufruhr war jedoch die mehr als unkonventionelle Choreografie des legendären Vaslav Nijinsky: Entgegen der bisherigen Praxis, den Körper anmutig, leicht und nahezu fliegend erscheinen zu lassen – eine Illusion, die der Tänzer Nijinsky meisterhaft beherrschte –, ließ er seine Tänzer:innen schwerfällig, unbeholfen und kantig wirken, mit nach innen gedrehten Füßen und seitlich an den Körper gepressten Ellbogen. Wie Strawinsky sich erinnerte, brach der Sturm los, als sich der Vorhang hob und „die Gruppe von x-beinigen und lang bezopften jungen Mädchen, die auf und ab hüpften, zum Vorschein kam.“ Es kam zu Handgreiflichkeiten und Verletzten, als die Studierenden auf den Stehplätzen des Theaters, die sich zwischen den Logen und dem Parkett der betuchteren Zuschauer:innen befanden, das moderne Ballett gegen die schockierten Proteste des situierten Publikums verteidigten. Strawinskys Musik blieb weitgehend ungehört und wurde erst bei der triumphalen ersten Konzertaufführung ein Jahr später unter der Leitung von Pierre Monteux, der auch die Premiere des Balletts dirigiert hatte, vom Publikum angemessen gewürdigt.

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