Streichquartett Nr. 12 in Es‑Dur
Zehn Jahre lang schrieb Ludwig van Beethoven kein Streichquartett. Mit seiner Rückkehr zur Kunstform ordnete sich der Komponist neu. Die vier Sätze des „Streichquartetts Nr. 12“, von denen die schnellen äußeren einen langsamen zweiten und ein Scherzo als dritten umrahmen, mögen heute konventionell wirken. Und doch war das, was sie enthalten, neu und radikal; es zeugt von einer elementaren Art des Komponierens, die heute als Beginn der sogenannten späten Quartette des Meisters gilt. Beethoven schrieb das Stück 1825, als er bereits völlig taub und in der Klangwelt seines eigenen Geistes gefangen war. Es zeichnet sich durch plötzliche Stimmungswechsel sowie Takt- und Rhythmusänderungen aus. Manchmal finden sich dazwischen Triller wie jener, der die ersten Töne des ersten Satzes in eine weit weniger feierliche Genialität überführt. Das damalige Publikum empfand das als bizarr und unergründlich, ebenso wie die Art, auf die Beethoven in der Partitur kontrastierende Klangblöcke verschob und so plastische Kontraste schuf, die für das Ohr nicht immer einfach sind. Aber die hinreißende Schönheit des langen, langsamen zweiten Satzes, die Beschwingtheit des Scherzando vivace und der magische Übergang des Finales von einem zunächst nur angetäuschten Ende in eine exquisite Coda machen aus diesem Zeugnis kompositorischer Exzentrik einen Geniestreich.