Die erste Vicente Lusitano-Biografie, zwei Jahrhunderte nach seinem Tod um 1561 verfasst, verschwieg, dass die Mutter des Komponisten höchstwahrscheinlich eine von portugiesischen Kolonialisten versklavte Afrikanerin war. Das Chorensemble The Marian Consort und sein unbeirrbarer Leiter Rory McCleery tauchen tief ein in die geistlichen Motetten von Lusitanos „Liber primus epigramatum“. Es ist sein einziges erhaltenes gedrucktes Buch mit Kompositionen, 1551 in Rom herausgegeben, und die erste Veröffentlichung von Werken eines Schwarzen Komponisten überhaupt. Die Auswahl von zehn Stücken offenbart die beeindruckende Bandbreite an Ideenreichtum, subtilen Texturen und Harmonien sowie die schiere Schönheit seiner Musik. Alle diese Qualitäten kommen in dem erhabenen „Emendemus in melius“ und „Sancta mater, istud agas“ voll zum Tragen. Ferner findet sich Raum für die mäandernden Melodien von „Heu me, Domine“ mit seinen bemerkenswerten chromatischen Linien und „Inviolata, integra et casta es“ für acht Stimmen, ein vollendetes Opus magnum der Renaissance-Polyfonie.