Dies ist eine wunderbare Kombination zweier vernachlässigter französischer Werke, die stilistisch genau in der Mitte zwischen Romantik und Impressionismus liegen. Eigentlich beeinflusste in dieser Zeit Richard Wagner die Musik in Europa. Doch viele französische Komponist:innen wandten sich von ihm ab und zogen es vor, die Erforschung der Modalharmonik mit einem erneuten Interesse an den klassischen und barocken Formen des 18. Jahrhunderts zu verbinden. Ernest Chaussons „Konzert für Violine, Klavier und Streichquartett“, eine der hinreißendsten Schöpfungen aus dem Frankreich des späten 19. Jahrhunderts, ist dafür ein Beispiel. Seine ungewöhnliche Besetzung imitiert das barocke Concerto grosso mit Concertino (Solist:innen) und Ripieno (Quartett). Die französisch betitelten Sätze lassen dabei keinen Zweifel an der geografischen Herkunft des Werks aufkommen.
Abgesehen davon ist Chaussons Konzert ein Werk von aufregender Originalität. Der erste Satz besteht aus nur drei Noten, die gleich in den einleitenden Takten auf dem Klavier vorgetragen werden. Von hier aus begibt sich Chausson auf eine rhapsodische Reise, die von einer Abfolge schwärmerischer Wellen geprägt wird, wobei sich Klavier und Solovioline ekstatisch vereinen und über das begleitende Quartett erheben.
Die leichtere und elegantere Sicilienne und das grüblerisch-intensive Grave gehen einem Finale von unbändiger Emotion voraus, das beide Solisten, insbesondere am Piano, auf die Probe stellt. Éric Le Sage meistert Chaussons beträchtliche Herausforderungen mit konzertanter Souveränität, aber mit einer kammermusikalischen Sensibilität, die es den Streichern erlaubt, zu glänzen.
Louis Vierne wurde 1870 geboren und vor allem als ehemaliger Organist von Notre-Dame de Paris und als Komponist eines umfangreichen Orgelwerks bekannt, darunter sechs bedeutende Sinfonien. Doch seit den 1990er-Jahren werden auch seine Kammermusikstücke immer beliebter. Dieses Quintett ist seinem Sohn Jacques gewidmet, der 1917 im Ersten Weltkrieg fiel. Entsprechend schwankt die Musik zwischen Zärtlichkeit und Qual und scheint sich in ihren intensivsten Momenten von ihrer romantischen Verankerung zu lösen, ganz so, als strebe sie ein atonales Universum an.
Die Darbietungen sind durchgängig exzellent, und alle Musiker zeigen ein gutes Gespür für die emotionalen Wendungen in den Werken von Chausson und Vierne.