Kühn, ungezähmt und ausdrucksstark – das ist nicht der übliche, weichgezeichnete Claude Debussy im impressionistischen Stil. Das Belcea Quartet gab sein Debüt 1991 mit einer Aufnahme von Debussys Streichquartett. Nun kehrt das Ensemble in leicht veränderter Besetzung zu diesem Werk zurück und zeigt sich sowohl direkter als auch nuancierter in seiner Interpretation. Dabei wirkt ihr Spiel nie schwerfällig: Der lebhafte, leichte zweite Satz, „Assez vif et bien rythmé“, ist ein eindrucksvolles Beispiel für das präzise und sensible Zusammenspiel. Die Ausdruckstiefe im langsamen dritten Satz – ganz zu schweigen von der Schönheit der Phrasierung – übertrifft dabei die frühere Aufnahme.
Angesichts dieser Qualitäten erscheinen die beiden weniger bekannten Werke Karol Szymanowskis wie eine natürliche Fortsetzung von Debussys bahnbrechendem Streichquartett. Das Belcea Quartet offenbart die erotische Stimmung dieser Stücke: Das „Streichquartett Nr. 1“ beginnt wie ein sinnlicher Seufzer, der sich in Passagen postwagnerischer Sehnsucht entfaltet und schließlich in eine Liebesmelodie übergeht, die den langsamen Mittelsatz einleitet. Den beunruhigenden Tanz, mit dem Szymanowski das Werk beschließt, setzt das Ensemble brillant um.
Szymanowskis „Streichquartett Nr. 2“ ist von polnischer Volksmusik inspiriert und kommt sogar Béla Bartóks Klangwelt erstaunlich nahe. Expressionistische Elemente zeigen sich in der Eröffnung des Mittelsatzes, die den folgenden verstörenden Tanz überschattet. Im Finale spannt das Belcea Quartet einen kraftvollen Bogen vom trostlosen Anfang bis zum hoffnungsvolleren Ende.