Sinfonie Nr. 10 in e‑Moll

Op. 93

Einige von Dmitri Schostakowitschs größten Werken entstanden in schweren Krisen, so auch die „10. Sinfonie“. Er begann sie 1953, fünf Jahre nachdem er in dem berüchtigten „Schdanow-Dekret“ von offizieller Seite angeprangert und aus seinen Ämtern entlassen worden war. In der Öffentlichkeit war Schostakowitsch gezwungen, sich an die Regeln zu halten, aber privat schrieb er weiter Musik, von der er hoffte, dass sie in besseren Zeiten das Licht der Welt erblicken würde. Das Erlebte fokussierte seinen Geist wie nie zuvor. Die „10. Sinfonie“ gehört zu den konzentriertesten und am strengsten kontrollierten seiner Sinfonien, und diese Bündelung verstärkt nur ihre emotionale Wirkung. Auf einen herrlich tragischen ersten Satz, der wie ein großer Bogen aufgebaut ist, folgt eine kurze, aber überwältigende Wildwasserfahrt im Scherzo. Schostakowitschs schwarzer Sinn für Humor taucht im rätselhaften, nächtlichen dritten Satz wieder auf, bevor das Finale eine atemberaubende Wendung von elegischer Traurigkeit zu einem wilden, möglicherweise manischen Jubel vollzieht. Dem Buch „Zeugenaussage“ zufolge, das umstrittenerweise in Anspruch nimmt, die Memoiren des Komponisten zu sein, fasst die Sinfonie Schostakowitschs Empfindungen gegenüber Stalin zusammen, der während der Komposition starb. Doch ein kryptisch verschlüsseltes Motiv im dritten Satz bezieht sich offenbar auf eine gescheiterte Liebesaffäre. Auf jeden Fall spricht diese Musik offensichtlich direkt und kraftvoll zu Menschen, die keinerlei Erfahrung mit der sowjetischen Diktatur gemacht haben. Das Leid wird aufgearbeitet, kathartisch ausgedrückt und einer Art zweideutiger Erlösung zugeführt. So gesehen ist ihre Botschaft universell.

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