Nocturne Nr. 1 in b‑Moll

Op. 9/1, B. 54/1 · “Murmures de la Seine 1”

Die ersten von Frédéric Chopins „Nocturnes“, die drei Stücke aus „op. 9“ (1831–32), orientierten sich an denen von John Field, nicht zuletzt, weil sie dem Ausdruck Vorrang vor der Virtuosität einräumten. Erstmals etablierte Chopin in den „Nocturnes op. 9“ die Textur, die am häufigsten mit dem Genre in Verbindung gebracht wird: eine schwebende Melodie über weit voneinander entfernten begleiteten Arpeggien. Dies erfordert den Einsatz des Haltepedals, um den typischen lyrischen Glanz und die weiche Klangfülle zu erzeugen. Chopin führte einen kontrastierenden, leicht dramatischen Mittelteil ein, wodurch die Musik trotz der Modulation zur Des‑Dur-Parallele eine dunklere Färbung annimmt, bevor eine verkürzte Wiederholung des Anfangsteils folgt. Die Melodielinie in den äußeren Abschnitten ist reichlich verziert und orientiert sich am Stil des Kunstgesangs. Obwohl die Übertragung der Gestik aus der Oper auf das Klavier an sich nicht neu war, integrierte niemand – nicht einmal Johann Nepomuk Hummel, ein weiterer Einfluss auf Chopins frühes Werk – solch stark von der Vokalkunst inspirierte Verzierungen wie Chopin, ein Merkmal, das er in späteren Nocturnes weiterentwickelte. Über Chopins „Nocturnes“ Anfang des 19. Jahrhunderts war ein Nocturne noch ein Unterhaltungsstück zum Abend – mal gesungen, mal instrumental in Szene gesetzt –, das die Stille einer Vollmondnacht heraufbeschwor oder von Liebesträumen handelte. In der Klaviermusik wurde der Begriff erstmals von dem in Sankt Petersburg lebenden irischen Komponisten John Field verwendet. Der Hintergrund: Das entsprechende Werk sollte die Qualität eines Liedes besitzen, doch ohne Worte auskommen. Frédéric Chopin übernahm diese Idee und hob sie, wie so oft bei Formaten oder Stilrichtungen, die er sich zu eigen machte, auf eine neue Ebene. Die vokalen Aspekte der Form verlor er dabei nie aus den Augen, ist der Belcanto-Stil der italienischen Oper doch ein weiterer wichtiger Einfluss. So sind seine 21 Nocturnes, anders als jene von Field, auch heute noch ein fester Bestandteil des Klavierrepertoires.

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